Heidentheater, das Wikinger-Puppentheater | Wikingermärkte

Der Bayeux-Teppich als komplett handgestickte Kopie

14. April 2025
Hinter dem Text mit der Beitrags-Überschrift ist ein Tisch mit Stickarbeit zu sehen. Eine Hand hält eine Sticknadel über Stofflagen mit Vorzeichnungen für Bayeux-Stickerei.

Im April 2025 wird in Schleswig im Landesmuseum Schloss Gottorf eine neue Ausstellung eröffnet: „Wikingerdämmerung – Zeitenwende im Norden“. Eins der dort gezeigten Objekte ist ein erst kürzlich wieder aufgefundenes Fragment des Teppichs von Bayeux. Um die Bedeutung dieses kleinen Stoffteils herauszuheben, wird der Bayeux-Teppich in der Schleswiger Ausstellung laut Webseite des Museums durch ein „spektakuläres Objekt“ näher vorgestellt: Ein wohl originalgroßer Nachdruck des Werkes, dass im Original mit Wolle auf Leinentuch gestickt ist. Es gibt allerdings tatsächlich auch eine gestickte originalgetreue Kopie des Teppichs! 2010 besuchten wir einen Wikingermarkt in Lindholm Høje und unsere Wikinger-Handpuppen vom „Heidentheater“ bloggten damals über die Arbeit an der Kopie vom Bayeux-Teppich. Wir sind gespannt auf die Ausstellung im Schloss Gottorf und werden berichten, aber hier noch kurz der Reisebericht aus 2010 über die Stickerinnen von Lindholm Høje.

Ein Reisebericht der Wikinger-Handpuppen „Heidentheater“

Ask und Embla im Norden Dänemarks

Ask und Embla waren 2010 in Lindholm Høje auf einem Wikingermarkt. Die beiden waren vorher noch nie in Dänemark, und so war alles sehr aufregend für sie! Das Willkommen dort war äußerst herzlich und die beiden fanden schnell Freunde. Vom Schmied bekamen sie einen wunderschönen Thorhammer geschenkt, als sie mit nur sehr wenig Dänisch und etwas Englisch die Geschichte erzählten, wie der Hammer des Thor von den Zwergen geschmiedet wurde.



Im Zelt der Stickerinnen

Während Ask noch etwas mit dem Schmied fachsimpelte, schaute Embla in die große Jurte hinein. In diesem Rundzelt, das alle auf dem Martkt „Valhal“ nannten, saßen die Stickerinnen.

Innenaufnahme des Zeltes, an dessen Wand die bereits fertig gestickten Bahnen des Bayeux-Teppichs hängen. Davor sind auf Tischen die Teile ausgerollt, an denen gerade gearbeitet wurde.


Seit vielen Jahren sind sie dabei, den Teppich von Bayeux nachzusticken. Die Teile, die schon fertig sind, hängen an den Wänden zum Betrachten aus. Da die Frauen die Motive auf lange Stoffbahnen sticken, liegt ein Teil der Arbeit aufgerollt auf den Tischen. Klar, dass in dieses Zelt niemand mit Getränken oder Speisen hinein darf! Fragen von Besuchern werden geduldig beantwortet, und mehrmals täglich gibt es Vorträge zu den Bildern und zur Arbeit.

An einem Tisch sitzend sind drei stickende Frauen in Wikingerkleidung zu sehen, daneben beobachtende Besucher. Im Vordergrund ist eine bereits fertige Bahn mit Bayeux-Stickerei zu erkennen.



Die gestickten Details

Embla sucht gleich nach ihr bekannten Szenen wie beispielsweise die Abbildung des Gelages mit den Trinkhörnern – und findet überraschend äußerst pikante Darstellungen! Was macht der Nackidei denn dort neben dem irminsulartigen Ding?

Wikinger-Handpuppe Embla neben gesticktem Detail des Bayeux-Teppichs: Darstellung eines Gebäudes mit 6 darinnen sitzenden Menschen, von denen einige Trinkhörner in Händen halten
Wikinger-Handpuppe Embla vor gesticktem Detail des Bayeux-Teppichs: kleine nackte männliche Figur
auf einem Tisch mit Stickgarn und Tüchern ist ein Stück Stoff zu erkennen, auf dem eine Szene des Bayeux-Teppichs vorgezeichnet ist

Die Stickerinnen, die auf den Tischen vor sich Bücher mit Fotos des Original-Teppichs haben und jeden Stich mit diesen Abbildungen abgleichen, erzählen: Schon einmal wurde der Teppich nachgestickt, allerdings in einer recht prüden Zeit. Die Abbildungen der Nackideis sind im Original tatsächlich vorhanden. Bei der Nachstickerei damals hätten diese Figuren – schwuppdiwupps – Kleidung übergestickt bekommen, denn im Viktorianischen Zeitalter war diesbezüglich Schluss mit der Originaltreue…



Was der Bayeux-Teppich über die damalige Zeit erzählt

Historiker berufen sich immer wieder auf diese Bilder, die die Eroberung Englands mit der Schlacht von Hastings darstellen, denn sie zeigen viele Einzelheiten aus dem Leben dieser Zeit. So werden Gebäude, Schiffe, Ausrüstungsgegenstände und Werkzeuge, Schwerter und Axtformen sowie Gebräuche auf diese Abbildungen zurückgeführt.

Unter und über den „erzählenden“ Bildern sind viele kleine Details zu sehen. Embla gefällt der Streifen mit Motiven über Feldarbeit mit Pflügen, Säen, Eggen und Saatbewachung. Dieser wichtige und wohl auch den vanischen Göttern zugeordnete Aspekt findet auf mittelalterlichen Veranstaltungen, die das Heidentheater durch seine Zeitreisen kennt, zwischen Kampfschau und Handwerkskunst kaum Beachtung.

gesticktes Detail des Bayeux-Teppichs: landwirtschaftliche Szene mit Pflügen, Säen und dem Verscheuchen von Vögeln



Viel Getier…

Was gibt es an den Rändern nicht alles für Tiere zu entdecken! Hier sind zwei Vögel ganz synchron und wollen vielleicht mal artige Wappentiere werden, wogegen die beiden Vierfüßler anscheinend eine Karriere als verschlungene Greiftiermotive bei den Wikingern anstreben…

gesticktes Detail des Bayeux-Teppichs: Vogelpaar und Tierpaar mit verdrehten Körpern


Hm, wenn der Teppich von Bayeux als historischer Beleg gilt, dann war die Fabel vom Fuchs und dem Raben (dieser hier als dummes Tier statt als weiser Begleiter Odins) und das Trampeltier anscheinend damals schon in der Normandie verbreitet.

Gesticktes Detail des Bayeux-Teppichs mit Vogel und vierbeinigem Tier. Rabe und Fuchs?
gesticktes Detail des Bayeux-Teppichs: vierbeiniges Tier mit zwei Buckeln auf dem Rücken
gesticktes Detail des Bayeux-Teppichs: ein katzenähnliches Tier steht drei ähnlichen Tieren gegenüber, die aus einer Höhle herauszuschauen scheinen

Und worum geht es hier links wohl? Eine tierische Party mit der Höhle voll von Gästen – oder ist das der Albtraum bei der Suche nach einem Winterschlafplatz?

Dagegen ist das hier doch der Traum einer jeden Reiterin (und es gab viele davon auf dem Wikingermarkt in Lindholm Høje):

gesticktes Detail des Bayeux-Teppichs: zwei langhaarige Gestalten, die menschliche Oberkörper auf Pferdekörpern haben


Andere Wikinger im Kleinformat

Als Embla die Jurte mit den Stickerinnen wieder verlässt, findet sie Ask bei neuen Freunden ein paar Zelte weiter wieder. Endlich mal ein paar Wikinger, die von der Größe her zu Ask und Embla passen! Da sind die Sprachschwierigkeiten schnell vergessen…

gesticktes Detail des Bayeux-Teppichs: beiden Wikinger-Handpuppen neben zwei kleinen Wikinger-Puppen



Nachtrag:


2015 wurde der letzte Stich gemacht, nach 14,5 Jahren ist der Teppich fertig!
Er ist in Børglum Kloster in Nordjütland zu besichtigen. Die Stickerinnen haben inzwischen eine eigene Seite über die dänische Kopie dieses Teppichs, auch in deutscher Übersetzung:
http://www.bayeuxtapetet.dk/

Gruppenfoto der Bayeux-Stickerinnen aus Nord-Dänemark
Foto von https://www.bayeuxtapetet.dk/

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