Im April 2025 wird in Schleswig im Landesmuseum Schloss Gottorf eine neue Ausstellung eröffnet: „Wikingerdämmerung – Zeitenwende im Norden“. Eins der dort gezeigten Objekte ist ein erst kürzlich wieder aufgefundenes Fragment des Teppichs von Bayeux. Um die Bedeutung dieses kleinen Stoffteils herauszuheben, wird der Bayeux-Teppich in der Schleswiger Ausstellung laut Webseite des Museums durch ein „spektakuläres Objekt“ näher vorgestellt: Ein wohl originalgroßer Nachdruck des Werkes, dass im Original mit Wolle auf Leinentuch gestickt ist. Es gibt allerdings tatsächlich auch eine gestickte originalgetreue Kopie des Teppichs! 2010 besuchten wir einen Wikingermarkt in Lindholm Høje und unsere Wikinger-Handpuppen vom „Heidentheater“ bloggten damals über die Arbeit an der Kopie vom Bayeux-Teppich. Wir sind gespannt auf die Ausstellung im Schloss Gottorf und werden berichten, aber hier noch kurz der Reisebericht aus 2010 über die Stickerinnen von Lindholm Høje.
Ein Reisebericht der Wikinger-Handpuppen „Heidentheater“
Ask und Embla im Norden Dänemarks
Ask und Embla waren 2010 in Lindholm Høje auf einem Wikingermarkt. Die beiden waren vorher noch nie in Dänemark, und so war alles sehr aufregend für sie! Das Willkommen dort war äußerst herzlich und die beiden fanden schnell Freunde. Vom Schmied bekamen sie einen wunderschönen Thorhammer geschenkt, als sie mit nur sehr wenig Dänisch und etwas Englisch die Geschichte erzählten, wie der Hammer des Thor von den Zwergen geschmiedet wurde.
Im Zelt der Stickerinnen
Während Ask noch etwas mit dem Schmied fachsimpelte, schaute Embla in die große Jurte hinein. In diesem Rundzelt, das alle auf dem Martkt „Valhal“ nannten, saßen die Stickerinnen.

Seit vielen Jahren sind sie dabei, den Teppich von Bayeux nachzusticken. Die Teile, die schon fertig sind, hängen an den Wänden zum Betrachten aus. Da die Frauen die Motive auf lange Stoffbahnen sticken, liegt ein Teil der Arbeit aufgerollt auf den Tischen. Klar, dass in dieses Zelt niemand mit Getränken oder Speisen hinein darf! Fragen von Besuchern werden geduldig beantwortet, und mehrmals täglich gibt es Vorträge zu den Bildern und zur Arbeit.

Die gestickten Details
Embla sucht gleich nach ihr bekannten Szenen wie beispielsweise die Abbildung des Gelages mit den Trinkhörnern – und findet überraschend äußerst pikante Darstellungen! Was macht der Nackidei denn dort neben dem irminsulartigen Ding?



Die Stickerinnen, die auf den Tischen vor sich Bücher mit Fotos des Original-Teppichs haben und jeden Stich mit diesen Abbildungen abgleichen, erzählen: Schon einmal wurde der Teppich nachgestickt, allerdings in einer recht prüden Zeit. Die Abbildungen der Nackideis sind im Original tatsächlich vorhanden. Bei der Nachstickerei damals hätten diese Figuren – schwuppdiwupps – Kleidung übergestickt bekommen, denn im Viktorianischen Zeitalter war diesbezüglich Schluss mit der Originaltreue…
Was der Bayeux-Teppich über die damalige Zeit erzählt
Historiker berufen sich immer wieder auf diese Bilder, die die Eroberung Englands mit der Schlacht von Hastings darstellen, denn sie zeigen viele Einzelheiten aus dem Leben dieser Zeit. So werden Gebäude, Schiffe, Ausrüstungsgegenstände und Werkzeuge, Schwerter und Axtformen sowie Gebräuche auf diese Abbildungen zurückgeführt.
Unter und über den „erzählenden“ Bildern sind viele kleine Details zu sehen. Embla gefällt der Streifen mit Motiven über Feldarbeit mit Pflügen, Säen, Eggen und Saatbewachung. Dieser wichtige und wohl auch den vanischen Göttern zugeordnete Aspekt findet auf mittelalterlichen Veranstaltungen, die das Heidentheater durch seine Zeitreisen kennt, zwischen Kampfschau und Handwerkskunst kaum Beachtung.

Viel Getier…
Was gibt es an den Rändern nicht alles für Tiere zu entdecken! Hier sind zwei Vögel ganz synchron und wollen vielleicht mal artige Wappentiere werden, wogegen die beiden Vierfüßler anscheinend eine Karriere als verschlungene Greiftiermotive bei den Wikingern anstreben…

Hm, wenn der Teppich von Bayeux als historischer Beleg gilt, dann war die Fabel vom Fuchs und dem Raben (dieser hier als dummes Tier statt als weiser Begleiter Odins) und das Trampeltier anscheinend damals schon in der Normandie verbreitet.



Und worum geht es hier links wohl? Eine tierische Party mit der Höhle voll von Gästen – oder ist das der Albtraum bei der Suche nach einem Winterschlafplatz?
Dagegen ist das hier doch der Traum einer jeden Reiterin (und es gab viele davon auf dem Wikingermarkt in Lindholm Høje):

Andere Wikinger im Kleinformat
Als Embla die Jurte mit den Stickerinnen wieder verlässt, findet sie Ask bei neuen Freunden ein paar Zelte weiter wieder. Endlich mal ein paar Wikinger, die von der Größe her zu Ask und Embla passen! Da sind die Sprachschwierigkeiten schnell vergessen…

Nachtrag:
2015 wurde der letzte Stich gemacht, nach 14,5 Jahren ist der Teppich fertig!
Er ist in Børglum Kloster in Nordjütland zu besichtigen. Die Stickerinnen haben inzwischen eine eigene Seite über die dänische Kopie dieses Teppichs, auch in deutscher Übersetzung:
http://www.bayeuxtapetet.dk/