Von Anne Paysen-Petersen stammt das Bild „Lokis Familienidylle“, das wir jetzt als Postkarte haben drucken lassen. Anne war eine Schleswiger Künstlerin, die als Malerin und Skaldin mit dem von ihr gewählten Künstlernamen „Meta, die Mythenerzählerin“ wirkte. Zu dem Bild, dessen Motive Leute mit mythologischem Hintergrundwissen sicher gleich erkennen, gibt es eine Entstehungsgeschichte und einen gezeichneten Entwurf.
Ein Thema, Annes Idee und eine Skizze
Eines Tages brachte Anne diese Skizze hier zu einem Treffen mit und stellte sie uns mit schelmischem Grinsen und den Worten „Ich hab da eine Idee!“ als Entwurf zu einem Bild vor.

Der örtliche Kunstverein hatte 2016 eine Ausstellung anlässlich der Eröffnung des neuen Klinikums in Schleswig geplant, bei der alle ein Bild zum Thema „Familie“ malen sollten. Dieses Thema empfand Anne jedoch als „stinklangweilig und abgedroschen“ – bis sie auf eine Idee kam: Sie wollte eine höchst interessante Familie abbilden, zumindest einen Teil davon, nämlich die vom Gott Loki, die er zusammen mit der Riesin Angrboda und ihren gemeinsamen drei Kindern hat: das knuddelige Fenriswölfchen, die noch kleine und verspielt-verknotete Mittgardschlange und die junge Totengöttin Hel.
(Loki hätte noch andere Familienzweige als Motiv, denn er ist ebenfalls Mutter (!) des achtbeinigen Pferdes „Sleipnir“ und hat zusammen mit der Göttin Sigyn zwei Söhne namens Narfi und Ali, aber das sind andere Geschichten.)
Das fertige Bild
Schließlich wurde aus der Skizze ein Gemälde, das Loki im Kreis der kleinen Familie zeigt, die er mit Angroda hat. Das Bild ließ Anne dann in einen Holzrahmen setzen, der in den vier Ecken mit kleinen Schlangen aus Blech verziert ist.

Anne-Paysen-Petersen
Im August 2021 verstarb Annemarie Paysen-Petersen. Sie wurde 1935 in Dresden geboren und studierte an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst. Nach Beteiligung an einer regimekritischen Demonstration musste sie in die Kunsterziehung wechseln. Gerne berichtete sie mit einem Schmunzeln davon, dass sie während der damals vorgeschriebenen politischen Vorlesungen heimlich unter dem Tisch Bücher zum Thema Mythologie las. Nach dem Abschluss unterrichtete sie noch ein Jahr in der DDR, floh jedoch 1958 mit Ihrer Familie in den Westen, holte die Referendariatszeit nach und arbeitete bis 1997 als Gymnasiallehrerin an der Lornsenschule in Schleswig.
Mythologie, Kunst und Skaldik
Als wir sie 2012 Jahren kennenlernen durften, hatte sie die Jahre Ihrer Pensionierung bereits für ausgiebige Reisen zu vielen interessanten Stätten der Vorgeschichte und der Wikingerzeit genutzt. So schwärmte sie vom Besuch der rekonstruierten Kreisgrabenanlagen in Goseck und konnte von Aufenthalten auf Island, „L’Anse aux Meadows“ in Kanada, dem russischen St. Petersburg und auch von nahezu sämtlichen Wikingermuseen Skandinaviens berichten. Dieses umfangreiche Wissen nutzte sie sowohl bei Ihrer langjährigen Tätigkeit als Moderatorin des Wikingermuseums Haithabu als auch bei Ihren Auftritten als „Geschichten- und Sagenerzählerin Meta“.
Anne bereicherte unsere Aktivitäten nicht nur durch ihre Geschichten, sondern auch durch ihre Gemälde, welche wir in unserem Geschäft ausstellten und von denen viele nach ihrem Tod in unseren Besitz übergingen.
Anne und ihr Wirken in Schleswig
Als Künstlerin war sie lange aktiv im Kunstverein Schleswig tätig und lud in Zusammenarbeit mit diesem noch vor drei Jahren zu Ihrer eigenen Vernissage mit dem Titel „Dunkle Mächte“ ein. Hier wurden ausschließlich Bilder von Ihr gezeigt, sie beteiligte sich aber gerne auch mehrfach an Gemeinschaftsausstellungen. Anne hatte dabei jedoch manchmal einen eigenen und auf ihr mythologisches Interesse ausgerichteten Ansatz, wie z. B. 2016 an ihrer Interpretation des oben gezeigten Bildes zum Thema „Familie“ deutlich wird.
Ebenfalls 2016 war Anne als Dozentin für die Volkshochschule Schleswig tätig. An vier Abenden erzählte sie dort vergleichend über die „Götter und Heroen der Griechen und Germanen“, also über „Siegfried und Achilles“, „Wieland und Hephaistos“, „Loki und Prometheus“, sowie über „Gudrun und Medea“ – immer nahezu komplett auswendig!
In Annes Traueranzeige stand zu lesen: „Niemand sieht den Abend, wenn die Norne sprach“. Mit Ihren über 80 Jahren erwähnte sie wiederholt, dass sie ihr Ende noch lange nicht erwarten würde. In ihrer letzten, durch die Corona-Isolation geprägten Zeit war es ihr jedoch leider nicht mehr möglich, ihr Leben wie gewohnt oder geplant inmitten von Menschen zu führen. So, wie wir sie kennen lernen durften, wird sie nun wohl als Skaldin Odins Tafel bereichern.
Danke, dass wir Dich kennenlernen durften!